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Wie kann die Forschung im Fach Orthopädie und Unfallchirurgie besser befördert und koordiniert werden? Als medizinisch-wissenschaftliche Fachgesellschaft ist die DGOU hierzu mit ihrem Netzwerk von Partnern und Vertretern aus Forschung und Versorgung in stetigem Austausch. In der Zukunftswerkstatt, die die DGOU letztes Jahr ausgerichtet hat, haben die Experten gemeinsam eine Strategie entwickelt, um die wissenschaftliche Erforschung von orthopädisch-unfallchirurgischen Themen durch eine verbesserte Infrastruktur stärker anzuregen.

Wie das funktionieren kann und warum es wichtig ist, dazu Vertreter aus verschiedenen Institutionen der Versorgungs- und Forschungslandschaft an einen Tisch zu holen, zeigen Prof. Dr. Joachim Grifka, Leiter des DGOU-Ausschusses Wissenschaft und Forschung sowie DGOU-Präsident 2008, und Prof. Dr. Ingo Marzi, DGOU-Präsident 2017 und langjähriger Leiter des DGU-Wissenschaftsausschusses.


Was zeichnet eine gute klinische Studie im Fach O und U aus?

Ingo Marzi: Gute klinische Studien vergleichen prospektiv und randomisiert etablierte Therapiekonzepte mit innovativen Verfahren. Die Fragestellung muss zuvor klar definiert sein, das Studienprotokoll inhaltlich durchdacht und die Fallzahlberechnung statistisch abgesichert. Zudem sollte das Protokoll veröffentlicht sein und allen ethischen Anforderungen entsprechen.

In Deutschland sind solche Studien bislang rar, sagen Sie. Woran liegt das?

Marzi: Ja, leider sind solche Studien im Fach O und U im Vergleich zu anderen Disziplinen ausgesprochen schwierig. Das liegt zum Teil schon in der Natur der Sache: Wenn Patienten zu unterschiedlichen Gruppen von Behandlungsmethoden oder OP-Verfahren zugeordnet werden müssen, ist diese Entscheidung unvergleichbar schwerer, als bei der Frage, Tablette A oder B zu nehmen und dabei mit einer 50-prozentigen Wahrscheinlichkeit eine bessere Substanz zu erhalten. Dementsprechend ist der Aufwand für Mediziner in O und U deutlich größer und die Studienkultur vielleicht nicht so ausgeprägt. Auch die Ressourcen sind einfach nicht ausreichend. Ein weiterer Faktor ist die geringe Förderquote für solche Studien.

Welche Forschungsschwerpunkte sehen Sie als wichtig an?

Joachim Grifka: Wir müssen zum einen unsere innovativen Techniken evaluieren und vorantreiben, zum anderen auch die Versorgungsforschung, um das breite Spektrum unseres großen gemeinsamen Faches O und U erfolgreich zu nutzen. Wir sind die Behandler verschiedener Volkskrankheiten – von der Arthrose und der Osteoporose über degenerative Rückenerkrankungen bis hin zur Traumaversorgung und der Behandlung von Verletzungsfolgen. Das sind Bereiche von großer klinischer und volkswirtschaftlicher Relevanz.

Wie lassen sich die Hürden nehmen, von denen Sie sprachen?

Marzi: Durch einen weiteren Ausbau der Registerforschung: Hierzu sind DGOU, DGU und DGOOC als medizinisch-wissenschaftliche Fachgesellschaften bereits hervorragend aufgestellt, wie zum Beispiel beim TraumaRegisterDGU oder beim Endoprothesenregister EPRD der DGOOC. Hier werden auch international herausragende Studien und Auswertungen aus Deutschland gesehen. Die Vorbereitung, Planung, Einreichung und Durchführung von prospektiven klinischen Studien bedarf aber einer weiteren Professionalisierung.

Inwiefern kann die DGOU hier einen Beitrag leisten?

Grifka: Als Gründungspräsident der DGOU war es mein Ziel, schnell zu Gemeinsamkeiten zu kommen. Wir müssen O und U auch im Bereich der Forschung weiter zusammenführen. Dann können wir unser großes Potential besser ausschöpfen. Wir haben hier und da gelegentlich Tendenzen des Festhaltens an den alten Strukturen. Gerade im Bereich von klinischen Studien und der Laborforschung wäre eine Zusammenarbeit leicht. Wir müssen Anreize schaffen und unterstützen, wir müssen die Qualitätssicherung bis hin zur Registerforschung strukturieren und dann die Erfolge der Öffentlichkeit deutlich machen.

Marzi: Zielführend sind hier eine wissenschaftliche Koordination und beispielsweise der Aufbau eines eigenen Studienzentrums der DGOU, das DGOU, DGU und DGOOC gemeinsam mit ihren Sektionen und Partnergesellschaften weiter vorantreiben müssten. Aufgaben wären neben der Entwicklung von Studienprotokollen und der Einwerbung von Studienmitteln auch die breite Weiterbildung zu Studienärzten sowie eine Verbesserung der Forschungsinfrastruktur. Die Finanzierung hierzu ist sicher anspruchsvoll, aber die Notwendigkeit wurde im Rahmen der Zukunftswerkstatt 2017 mit Forschungspartnern, Krankenkassen und anderen nationalen Organisationen festgehalten. Wenn man sich vor Augen hält, wie viele konservative und operative Verfahren in Deutschland jährlich durchgeführt werden, könnte mit einer verbesserten Studienkultur – vielleicht in Kombination mit den gut entwickelten Registern – auch mit hohen Fallzahlen die Evidenz für viele Behandlungsverfahren bewertet werden.


Das Interview führte Maria Hauk.


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