Rund 370.000 Menschen in Deutschland haben im Jahr 2014 ein neues Hüft- oder Kniegelenk erhalten. Grund für den Ersatz ist meist eine fortgeschrittene Arthrose, die den Knorpel und schließlich das Gelenk zerstört. Häufig leiden die Betroffenen unter starken Schmerzen und Bewegungseinschränkungen. Dabei waren die Implantationszahlen in den letzten Jahren stabil und haben seit 2005 nur um 1,4 Prozent (Hüft-OPs) bzw. 1,7 Prozent (Knie-OPs) zugenommen. Die Eingriffszahlen folgen damit der zunehmenden Alterung der Bevölkerung.
„Der Vorwurf, dass Endoprothesen in Deutschland zu früh und zu häufig implantiert würden, ist nicht haltbar, die Eingriffe erfolgen indikationsgerecht und mit geringen Komplikationsraten“, betont Prof. Dr. Heiko Reichel, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC) und Ärztlicher Direktor der Orthopädischen Universitätsklinik Ulm am RKU. Die im Weißbuch Gelenkersatz zusammengefassten Qualitätskennzahlen zeigen, dass Patienten mit Kunstgelenken in Deutschland sehr gut versorgt werden. Künftig ist aufgrund der demografischen Entwicklung mit steigenden Implantationszahlen zu rechnen.
Wie lange ein Kunstgelenk hält, hängt von mehreren Faktoren ab – etwa vom Krankheitsbild des Patienten, den Begleiterkrankungen und der Beanspruchung, aber auch von der Operationstechnik und den Materialien des Implantats. „Für das bestmögliche Ergebnis sollten Patienten ein zertifiziertes Endoprothesenzentrum aufsuchen“, empfiehlt Reichel. „Diese arbeiten nach höchsten Standards und Qualitätsvorgaben der wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften, minimieren so das Risiko für Komplikationen und melden ihre Ergebnisse an das Endoprothesenregister Deutschland EPRD.“
Dennoch sollten Kunstgelenke nur dann zum Einsatz kommen, wenn die individuelle Lebenssituation des Patienten dies notwendig macht und das eigene Gelenk nicht mehr erhalten werden kann. „Bei jedem zweiten Patienten mit Arthrose liegt die Ursache in einer angeborenen Fehlstellung oder unfallbedingten Vorschäden“, sagt Reichel. „Mithilfe gelenkerhaltender Maßnahmen können wir bei korrekter Indikation die Entstehung oder das Voranschreiten der Arthrose verzögern und eine gute Gelenkfunktion aufrechterhalten.“
Den Erfolg eines gelenkerhaltenden Eingriffs demonstrierte eine Berner Arbeitsgruppe in einer 30-jährigen Beobachtungsstudie an Patienten, die bei vorgeschädigten Hüftgelenken eine Korrektur-Osteotomie der Hüftpfanne erhalten hatten. Nach 30 Jahren war ein Drittel der operierten Hüften noch erhalten und funktionsfähig. 60 Prozent der Hüftgelenke mussten erst in den letzten Jahren durch eine Endoprothese ersetzt werden. Die Ergebnisse der Studie werden auf dem DKOU 2016 in Berlin vorgestellt.
„Um Gelenkpatienten optimal behandeln zu können, sollten Kliniken heute das gesamte Spektrum der gelenkerhaltenden und -ersetzenden Verfahren perfekt beherrschen“, sagt Reichel. In welchen Fällen die jeweiligen Behandlungen zum Einsatz kommen und welchen Erfolg sie versprechen, diskutieren Orthopäden und Unfallchirurgen auf dem DKOU 2016 in Berlin.
Referenz:
Weißbuch Gelenkersatz: Versorgungssituation bei endoprothetischen Hüft- und Knieoperationen in Deutschland, Springer Verlag, 2016
Vorab-Pressekonferenz zum DKOU 2016:
„Neueste Daten aus O & U: Weißbuch Gelenkersatz zeigt Versorgungssituation in der Endoprothetik“
Prof. Dr. Heiko Reichel
Dienstag, den 18. Oktober 2016 von 11 bis 12 Uhr
Haus der Bundespressekonferenz, Raum I+II
Schiffbauerdamm 40
10117 Berlin
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Pressekonferenz zum DKOU 2016:
„Gelenkerhalt vor Gelenkersatz: Gelenkfunktionen wirkungsvoll erhalten“
Prof. Dr. Heiko Reichel
Freitag, den 28. Oktober 2016 von 11 bis 12 Uhr
Messe Berlin, Eingang Süd, Halle 6.3, Pressezentrum, Raum 411
Jafféstraße (S-Bahnhof Messe Süd)
14055 Berlin
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