Bereits 2021 schaute der damals amtierende DGOU-Präsident Prof. Dr. Dieter Wirtz mit Sorge auf die steigende Umweltbelastung durch Krankenhäuser, rief bei der DKOU-Pressekonferenz eindringlich zu einem Umdenken beim Energieverbrauch auf und forderte bei der Politik ein, gesetzliche Vorschriften bei Implantaten und Instrumentarien an die ökologischen Herausforderungen anzupassen. Dabei nutzte er ein anschauliches Rechenbeispiel: „Bei einer aufwendigen orthopädischen Operation fallen bis zu 100 Kilogramm Müll an. Schon eine einzige OP kann mehr Müll verursachen als eine vierköpfige Familie in einer Woche.“
Ökologischen Fußabdruck berechnen
Auch die jetzige Führungsspitze der Fachgesellschaft will sich für mehr Umweltbewusstsein im Gesundheitssektor stark machen. Alte Strukturen und Abläufe seien dringend zu überdenken und neue einzuführen, um die ökologische Bilanz im Krankenhaus zu verbessern, rät Prof. Dr. Maximilian Rudert, der auch Ärztlicher Direktor der Orthopädischen Klinik König-Ludwig-Haus und Ordinarius für Orthopädie der Universität Würzburg ist. „Das Bewusstsein ist bei den meisten Klinikleitungen da, aber es fehlt an konkreten Umsetzungsmaßnahmen. Mein Tipp: Einfach einmal den ökologischen Fußabdruck berechnen lassen und dann die Klimastrategie auch wirklich starten.“ Mit einer Firma wie z. B. Greenviu ist dies möglich. Hier können Interessierte einen Online-Fragebogen ausfüllen und erhalten auf Wunsch nach zwei bis drei Wochen eine Auswertung sowie eine Übersicht über die Zusammensetzung des ökologischen Fußabdrucks in Tonnen Kohlenstoffdioxid pro Jahr zugesendet, d.h. welcher Anteil auf die Bereiche Energie, Wasser und Abfall entfällt. So sehen die Entscheidungsträger schwarz auf weiß, wo Anpassungsbedarf besteht. Aufgrund der Komplexität der Umfrageinhalte ist diese momentan aber eher im niedergelassenen Sektor sinnvoll.
Umwelt in Klinik und Praxis schonen
Welche konkreten Maßnahmen können dazu beitragen, den ökologischen Fußabdruck zu reduzieren? Einige sind mit finanziellen Investitionen verbunden, wie beispielsweise die Nutzung von Solarenergie als Alternative zu Gas, der Einbau von effizienteren Beleuchtungs- und Kühlungssystemen oder die Installation sensorgesteuerter Wasserhähne zur Wassereinsparung. Eine detaillierte Übersicht zu den Handlungsfeldern in der Klinik und Arztpraxis stellt die Bundesärztekammer auf ihrer Website zum Download zur Verfügung.
Es gibt aber auch Maßnahmen, die nahezu kostenfrei umgesetzt werden können². Dazu zählen:
- Prävention: Jede Behandlung, die nicht stattfindet, spart Ressourcen und reduziert die Umweltbelastung. Daher sollten die Patienten und Patientinnen gezielt über Maßnahmen der Gesundheitsvorbeugung informiert werden, damit sie so lange wie möglich gesund bleiben.
- Behandlungsqualität: Eine Behandlung, die beim Patienten zu einer langfristigen Genesung führt, ist wesentlich nachhaltiger als eine, die wiederholt werden muss. Deshalb muss eine Therapie stets zielführend sein, um die Behandlung nicht unnötig in die Länge zu ziehen.
- Intelligentes Terminmanagement: Wird der Bedarf an persönlichen Besuchen reduziert, können damit Ressourcen der Praxis oder Klink gespart werden. Denn die Patienten müssen bei jedem Besuch angenommen und platziert werden, im Anschluss muss mindestens die Behandlungsliege gereinigt werden. Durch den Einsatz von Telemedizin könnten unter anderem Nachsorgetermine oder Termine zur Besprechung von Laborergebnissen virtuell stattfinden.
- Umgang mit Ressourcen: Mit Verbrauchsmaterial, Energie oder Wasser stets sparsam umzugehen, bringt nicht nur ökologische, sondern auch ökonomische Vorteile. Denn ein geringerer Verbrauch spart Geld.
Auch auf dem nächsten Deutschen Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU) wird sich das Thema Nachhaltigkeit im Programm wiederfinden, zum Beispiel in diesen Veranstaltungen:
- Podiumsdiskussion: „Nachhaltigkeit in O&U - Wie sollen wir damit umgehen?“ (26.10.2023, 14:30 - 15:30 im Festsaal)
- Green Clinic & Lab Symposium (26.10.2023, 12:00-13:00, New York 2)
Der DKOU findet unter dem Motto „Kompetent in Qualität und Fortschritt“ vom 24. bis zum 27. Oktober 2023 in Berlin statt.
Quellen:
- Studie "Health care climate footprint report"
- BVOU-Artikel: Nachhaltige Praxisführung für O&U
sowie