PresseDKOU
Tag der Vorklinik

Macht der Arztberuf krank?

Die Teilnehmenden am Tag der Vorklinik 2019 © H. Schubert_Conventus

„Ich werde auf meine eigene Gesundheit, mein Wohlbefinden und meine Fähigkeiten achten, um auf höchstem Niveau zu behandeln.“ So lautet eines der Leitmotive aus der Genfer Deklaration des Weltärztebundes und Teil der Berufsordnung deutscher Ärzte. Doch wird dies tatsächlich im Arbeitsalltag umgesetzt? Hierzu tauschten sich junge Ärzte und erfahrene Mediziner in der Diskussionsrunde „Arztgesundheit – macht der Beruf uns krank?“ aus. Die Podiumsdiskussion wurde organisiert vom Jungen Forum O und U, anlässlich des Tags der Vorklinik auf der Jahrestagung der Vereinigung Süddeutscher Orthopäden und Unfallchirurgen (VSOU) im Mai 2019.

In verschiedenen Workshops, unter anderem zu Osteosynthese, Orthese und Ultraschall, konnten die Medizinstudierenden am Tag der Vorklinik sowohl ihre theoretischen Kenntnisse vertiefen als auch ihre praktischen Fähigkeiten am Kunstknochen und Ultraschallgerät testen. Das Highlight des Tages war die Podiumsdiskussion zur Arztgesundheit – moderiert von Dr. Jan Philipp Schüttrumpf, Geschäftsführender Oberarzt des Universitätsklinikums Magdeburg, und Annika Hättich, wissenschaftliche Mitarbeiterin des Universitätsklinikums Hamburg Eppendorf.

Alle Teilnehmenden der Diskussionsrunde gaben zu, bereits krank zur Arbeit gegangen zu sein und auch im Krankheitsfall vor einer offiziellen Krankmeldung zu prüfen, ob der Dienst- und OP-Plan einen personellen Ausfall zulassen würden. Das bestätigte auch eine Umfrage des Hartmannbundes von 2017. Von 1.300 Assistenzärzten würden 76 Prozent berichten, dass sie bereits mehrfach krank zur Arbeit gegangen seien. Einen Hausarzt hingegen hätten nur ca. 50 Prozent, da viele der Ansicht seien, sich ausreichend selbst versorgen zu können. Dieses Problem wäre nicht neu, wie Dr. Schüttrumpf feststellte. Oft wisse der Arzt vieles besser als seine Kollegen. Zudem sei es als Mediziner leicht, an verschreibungspflichtige Medikamente wie Antibiotika heranzukommen, das erspare den Weg zum Allgemeinmediziner.

Meist sind jedoch Erkrankungen, die nicht auf Anhieb zu erkennen sind, mittlerweile typisch für den Arztbesuch. Laut Studien würden schon im ersten Berufsjahr 23 bis 31 Prozent der Assistenzärzte an depressiven Verstimmungen leiden – im Vergleich zu 15 Prozent bei Gleichaltrigen aus der Durchschnittbevölkerung, sagt Annika Hättich. Eine Studie unter Medizinstudierenden unterstütze diese Zahlen, betont Annabell Bode, studentische Vertreterin der „YOUngsters“. Demnach würde 27 Prozent der Medizinstudierenden unter einer Depression leiden, bereits 11 Prozent hätten suizidale Gedanken geäußert. Auch die Anzahl der Suchtkranken sei unter den Ärzten höher.

Liegt es also wie der Orthopäde und Unfallchirurg Dr. Jürgen Kußmann vermutet am „Helfersyndrom“, dass viele Ärzte bereit seien, Überstunden zu machen sowie Wochenenden und Feiertage für den Beruf zu opfern? Und wie könnten die Ärzte dem Teufelskreis entgehen? Jeder sei seines eigenen Glückes Schmied, fasste Dr. Tobias Dorn, Oberarzt im Gelenkzentrum Schwarzwald, die Diskussion zusammen. Wichtig sei, die anfallende Arbeit in positive Erfahrung umzuwandeln. Gerade das Fach O und U biete viele verschiedene Möglichkeiten zur persönlichen Entfaltung und Entwicklung, hieß es vom Experten.

Medizinstudierende aus ganz Deutschland konnten sich auch dieses Jahr für ein Reisestipendium des Jungen Forums O und U, der DGOU, des BVOU und des VSOU bewerben. Aus den Bewerbungen wurden 40 Stipendiaten aus den ersten 7 Studiensemester gewählt. Am Tag der Vorklinik hatten die  jungen Wissenschaftler die Gelegenheit, mehr zu den Grundlagen von Orthopädie und Unfallchirurgie zu erfahren und die ganze Bandbreite des Fachs kennenzulernen.

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