Von den neuen Methoden und Verfahren könnten vor allem Frauen profitieren. Denn, die durch Abnahme der Knochendichte gekennzeichnete Skeletterkrankung, kann bei Frauen ab Start der Menopause, also ab dem 50. Lebensjahr, eintreten. Ab 65 Jahren ist etwa ein Viertel der Frauen von Osteoporose betroffen. Unter gleichaltrigen Männern trifft es nur sechs von 100.2 In Deutschland haben mindestens 3,6 Millionen Menschen eine Osteoporose3 und damit ein erhöhtes Risiko für Knochenbrüche.
Mit Biomarkern der Knochendichte auf der Spur
Aktuell wird die Knochendichte standardmäßig mittels bildgebender, überwiegend radiologischer Verfahren, gemessen.4 „Ab jetzt sind dafür keine Apparate mehr notwendig, sondern nur noch der Gang auf die Toilette und ein Urintest“, erklärt Prof. Dr. Andreas Seekamp, Direktor der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH) in Kiel. Möglich ist das durch Biomarker. Calcium-Isotope, also unterschiedlich schwere Calcium-Teilchen, dienen dem Osteoporose-Nachweis. In die Entwicklung des Osteo-Testverfahrens sei sehr viel Know-how aus der Korallenforschung eingeflossen. Der Urin- oder alternative Bluttest ist deutschlandweit online oder in Apotheken erhältlich, wird jedoch von den gesetzlichen Krankenkassen nicht erstattet.
Zukunftsthema Osteoporose-Diagnostik auf dem DKOU 2024
Die neue Diagnosemethode ist für Seekamp eine ausgesprochen gute Nachricht. „Denn: Osteoporose vor dem Beginn körperlicher Beschwerden zu erkennen, heißt, die Skeletterkrankung frühzeitig behandeln und Brüche vermeiden zu können“, betont der Mediziner im Vorfeld des Deutschen Kongresses für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU). Das wiederum helfe, die Lebensqualität im Alter zu verbessern“. Seekamp ist in diesem Jahr Präsident der europaweit größten Facharzttagung dieser Disziplin. Im Oktober werden über 8.000 Teilnehmende in Berlin zusammentreffen, um sich über Fortschritte in ihrem Fachgebiet auszutauschen. Die auf Basis maritimer Ressourcen entwickelten Diagnose- und Behandlungsverfahren sind eines der Zukunftsfelder in der Orthopädie und Unfallchirurgie.
Bio-regenerative Materialien revolutionieren Osteoporose-Therapie
Zu den Behandlungs-Highlights gehören für Seekamp auch die bio-regenerativen Materialien, die zur Gewebestabilisierung nach Knochenbrüchen bei Osteoporose-Patientinnen und -Patienten eingesetzt werden können. „Das kommt einer Revolution in der Osteoporose-Behandlung gleich“, hebt Seekamp hervor. Bislang sei es nicht möglich gewesen, einmal verlorene Knochensubstanz wieder vollständig aufzubauen. Das synthetisch hergestellte Material wird nach einem Bruch minimalinvasiv mit dem Ossure-Loep-Verfahren in den Knochen gespritzt. Nach vier bis sechs Monaten hat sich neue Knochenmasse gebildet und die Anfälligkeit für einen erneuten Knochenbruch kann nach aktuellen Erkenntnissen um 80 Prozent reduziert werden. Das heißt vier von fünf potenziell weiteren Brüchen würden somit verhindert. Bei bestehendem Frakturrisiko wird der resorbierbare Knochenzement auch schon erfolgreich im Vorfeld eingesetzt. Risikofaktoren für einen Knochenbruch sind neben einer niedrigen Knochendichte bestimmte Erkrankungen und Therapien mit knochenabbauenden Medikamenten.4
Frühzeitige Behandlung vermeidet Brüche
Da nach einem durch Osteoporose bedingten Knochenbruch in aller Regel zu 70 bis 80 Prozent eine weitere Fraktur binnen fünf Jahren eintritt, und zwar auf der gegenüberliegenden Körperseite, ist es sinnvoll, den Knochen dort ebenfalls mittels Injektion zu behandeln. Im UKSH in Kiel werden Patientinnen und Patienten bei bestehender Osteoporose und einseitig erlittener hüftgelenksnaher Oberschenkelfraktur im Rahmen einer Studie prophylaktisch mit dem Verfahren versorgt. Dazu Seekamp: „Der große Vorteil liegt vor allem in dem minimalinvasiven Eingriff und dem Vermeiden von Knochenbrüchen mit langwierigen Folgen für die Betroffenen.“ So bräuchten diese künftig keine großen Operationen mehr zu durchlaufen, hätten weniger Schmerzen und Einschränkungen. Zusätzlich würde das Gesundheitssystem viel Geld einsparen, das es an anderer Stelle sinnvoll einsetzen könne. Mittlerweile wurden schon mehr als 500 Patientinnen und Patienten behandelt. Erste Ergebnisse werden auf dem DKOU in einer internationalen Multicenterstudie (RESTORE) vorgestellt. Bislang hat noch keine / keiner der Behandelten eine weitere Fraktur erlitten.
Referenzen
- https://www.osteoporosis.foundation/sites/iofbonehealth/files/2019-06/3.%202018_EU6Germany_Report_BrokenBonesBrokenLives_German.pdf
- RKI
- Retrospektive Analyse der AOK Plus aus dem Jahre 2016
- Leitlinie des Dachverbands der Deutschsprachigen Wissenschaftlichen Osteologischen Gesellschaften e.V.; Prophylaxe, Diagnostik und Therapie der Osteoporose
Interessiert? Am DKOU erfahren Sie mehr zu dem Thema:
- Blue Health Tech: Alliance for Innovative Health Technologies from the Ocean (IN39)
- Mittwoch, 23.10.2024, 15:30-16:30 Uhr
- Raum New York 1