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Pressemitteilung der DGU

Unfallchirurgen starten neues Kursformat zur medizinischen Versorgung im Terrorfall

© sudok1 / Fotolia

Die Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) startet heute ein neues Kursformat zur Behandlung von Schuss- und Explosionsverletzungen nach einem Terroranschlag. Der neue Kurs zur Terror- und Katastrophenchirurgie mit dem Titel „Terror and Disaster Surgical Care“ (TDSC®) richtet sich an erfahrene Unfallchirurgen und Chirurgen an deutschen Kliniken, die mit der medizinischen Herausforderung bei Terrorlagen in Zukunft konfrontiert werden könnten. „Unfallchirurgen müssen im Katastrophenfall andere Prioritäten als in der Regelversorgung setzen. Der Kurs übt das Umdenken in der Terrorlage. Auch wenn wir hoffen, dass es nicht nötig sein wird, wollen wir vorbereitet sein, um im Ernstfall möglichst viele Patienten bestmöglich zu behandeln“, sagt DGU-Präsident Prof. Dr. Ingo Marzi. DGU-Experten haben das Kurskonzept heute bei einem Pressegespräch in Frankfurt am Main vorgestellt und Einblicke in den ersten TDSC®-Kurs gegeben.

Der Massenanfall von Verletzten im Terrorfall (TerrorMANV) unterscheidet sich von einem MANV wie beispielsweise nach einer Massenkarambolage auf der Autobahn. Die besondere Gefahrenlage und stark blutende Schuss- und Explosionsverletzungen verlangen am Anschlagsort und im Krankenhaus ein besonderes Management. Der zweieinhalbtägige TDSC®-Kurs vermittelt unter anderem Kenntnisse über den Einsatz auf gefährlichem Terrain, wesentliche Aspekte der Wundballistik, Besonderheiten zur Versorgung der speziellen Verletzungsmuster, wichtige Entscheidungsalgorithmen und Maßnahmen zur Schadensbegrenzung und -regulierung (Damage Control). Das Kurs-Curriculum wurde von der DGU-Arbeitsgemeinschaft Einsatz-, Katastrophen- und Taktische Chirurgie (AG EKTC) entwickelt – dabei wirkten Experten des Sanitätsdienstes der Bundeswehr ganz wesentlich mit. Oberstarzt Prof. Dr. Benedikt Friemert und AG-EKTC-Leiter sagt: „Durch den engen Schulterschluss zur Bundeswehr sind wir in der Lage, hochspezialisiertes Wissen aus der Einsatzchirurgie an zivile Mediziner weiterzugeben.“

Die Teilnehmer erörtern die besonderen Szenarien bei terroristischen Anschlägen: Die hohe Anzahl lebensgefährlich verletzter Menschen, manchmal zeitgleich an mehreren Anschlagsorten, die unbekannte Dauer eines Anschlags und unkalkulierbare Gefahrensituationen verlangen andere taktische Vorgehensweisen bei der Rettung, als auch bei der Versorgung von Terroropfern in den spezialisierten Traumazentren der Initiative TraumaNetzwerk DGU®. Experten vermitteln dabei wichtige Kriterien – mit deren Hilfe erlernen die Teilnehmer, wie sie unter Beachtung ihres eigenen Schutzes möglichst vielen Menschen das Leben retten und die Betroffenen in einer Ausnahmesituation dennoch individualmedizinisch versorgen können.

Im Zentrum des Kurses steht eine Simulationsübung in Form eines Spiels. In verschiedenen Fallsimulationen werden die Teilnehmer mit einem Massenanfall von Verletzten infolge eines Terroranschlages (TerrorMANV) konfrontiert. Unter möglichst realitätsnahen Bedingungen trainieren die Teilnehmer ihre Entscheidungskompetenz in einer Terrorlage: Welcher Patient bekommt in welcher Reihenfolge welche Operation mit welchem Material. Friemert sagt: „Schwere Schuss- und Explosionsverletzungen wie auch das Arbeiten mit reduzierten Ressourcen spielen in der täglichen Versorgung bei uns in Deutschland bisher kaum eine Rolle. Daher ist es wichtig, dass wir diesen Kurs entwickelt haben, um nach den Erfahrungen aus Paris, Brüssel und Berlin für den Ernstfall gut aufgestellt zu sein.“

In dem Kurs thematisieren die Schulungsleiter zudem organisatorische Inhalte, wie beispielsweise den Krankenhaus-Alarmplan im Terrorfall. Immer wieder fordert die DGU die regelmäßige Überprüfung, Aktualisierung und Anpassung von Krankenhaus-Alarm- und Einsatzplänen. Dabei raten die DGU-Experten, die bestehenden Krankenhaus-Alarmpläne für den Massenanfall von Verletzten um Aspekte bei extremen Gefahrenlagen wie Terrorattentaten zu ergänzen. DGU-Generalsekretär Prof. Dr. Reinhard Hoffmann sagt: „Hierbei muss auch die enge Verzahnung mit den verantwortlichen Behörden sichergestellt werden. Die Vorhaltung eines Notfall-Kontingents an OP-Material und regelmäßige Notfallübungen müssen berücksichtigt und finanziell abgesichert sein. Dazu benötigen wir mehr Unterstützung von der Politik.“

Der Kurs durchlief eine halbjährige Pilotphase und wird zukünftig in Zusammenarbeit mit Experten anderer medizinischer Fachdisziplinen durchgeführt. Maßgeblich beteiligt sind die Deutsche Gesellschaft für Anästhesie und Intensivmedizin (DGAI) und die Deutsche Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie (DGAV). Da Verletzungen nach Terroranschlägen vor allem durch schwere Blutungen bedrohlich sind, sind auch Mediziner der Deutschen Gesellschaft für Gefäßchirurgie und Gefäßmedizin (DGG) eingebunden. Zudem bringen Vertreter der Sanitätsakademie der Bundeswehr ihre Expertise zu atomaren, biologischen und chemischen Waffen (ABC-Waffen) ein.

Quelle: DGU-Pressemitteilung

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