Lesetipp OUMN

Vom Kinderarzt zur Erwachsenenmedizin – Die Herausforderung der Transition bei chronisch kranken Kindern

Junge Frau mit Zerebralparese macht Bewegungsübungen an Geräten
Junge Frau mit Zerebralparese © Javier / stock.adobe.com

Die meisten chronischen Erkrankungen bei Kindern, wie Asthma, bestimmte Nierenerkrankungen, Muscoviszidose oder Typ-1-Diabetes, werden heute in der Regel früh erkannt und sind so von klein auf ärztlich behandelbar. Auch orthopädische Beeinträchtigungen können bereits seit der Geburt bestehen oder im Kleinkindalter auftreten und werden von pädiatrischen Spezialistinnen und -spezialisten therapiert. Doch was ist, wenn aus dem Kind ein Jugendlicher und später ein Erwachsener wird? Dieser Übergang, die sogenannte Transition, ist ein kritischer Bereich; sowohl für die Erkrankten als auch für die Familien, da mit dem Älterwerden ebenfalls ein Wechsel in andere Behandlungs- und Therapieformen ansteht. Von den oft strukturellen Herausforderungen der Transitionsmedizin, im Speziellen bei chronischen Erkrankungen des Bewegungsapparates, berichtet eine Gruppe von Schweizer Ärztinnen und Ärzten in der aktuellen Ausgabe der Mitgliederzeitschrift „Orthopädie und Unfallchirurgie – Mitteilungen und Nachrichten (OUMN).

Chronisch kranke Kinder und ihre Familien haben besondere Hindernisse zu überwinden. Häufig bleiben die Beschwerden aus der Kindheit im Erwachsenenalter bestehen und können sogar mit erhöhter Morbidität und Mortalität verbunden sein. Deshalb rät die Gesellschaft für Transitionsmedizin in ihrer S3-Leitlinie, die Transition von Kindern- und Jugendlichen mit chronischen Beeinträchtigungen gut zu planen, „um eine koordinierte, ununterbrochene Gesundheitsversorgung zu gewährleisten“. Idealerweise sollte eine erfolgreiche Transition im Alter von 14 Jahren stattfinden und alle behandelnden Fachdisziplinen sowie die Angehörigen involvieren, heißt es im Artikel. 

Transition in der Orthopädie

Gerade in der (Neuro-)Orthopädie sind chronische Erkrankungen von großer Bedeutung. Während früher viele Betroffene aufgrund begrenzter Behandlungsmöglichkeiten verstarben, ist die Lebenserwartung dank medizinischer Fortschritte heute deutlich höher. So liegt beispielsweise bei der progressiven Erkrankung Duchenne Muskeldystrophie (DMD) die Lebenserwartung bei ca. 30 Jahren und bei der Bewegungsstörung Zerebralparese (CP), die nicht progressiv ist, mitunter sogar bei 50 Jahren. Allerdings haben CP-Erkrankte durch den schnelleren Verlust motorischer Funktionen später ein viel höheres Risiko für chronische Schmerzen, Skoliose, Hüftarthrose oder Defizite an den oberen und unteren Extremitäten.

Faktoren der Transition

Für die DMD-Muskelschwäche ist eine reibungslose Transition zwischen dem 16. und 18. Lebensjahr entscheidend, da viele in dieser Zeit ihre Gehfähigkeit verlieren. Nicht zu unterschätzen ist zudem die psychische Belastung, „da sie eine ständige Verschlechterung ihrer körperlichen Funktionen erleben, während Gleichaltrige ihre Zukunft planen“, betonen die Autoren.

Auch soziale und rechtliche Aspekte spielen bei der Transition eine wichtige Rolle. Kognitiv beeinträchtigte Patientinnen und Patienten benötigen möglicherweise ab Volljährigkeit einen Beistand für medizinische, wirtschaftliche und persönliche Angelegenheiten, was zuvor die Eltern übernommen haben. Darüber hinaus müssen nicht wenige während der Umbruchphase die betreuende Institution wechseln, zum Beispiel von der Schule in eine Tageswerkstatt oder in ein Behindertenwohnheim. In der Schweiz ändert sich ab dem 20. Geburtstag zudem der Kostenträger: Während vorher die Invalidenversicherung die Kosten übernommen hat, sind jetzt die Krankenkassen zuständig – was sowohl mit finanziellen Auswirkungen als auch mit Therapieausfällen für die Betroffenen einhergehen kann.

Transition in der Schweiz

Obwohl es in Deutschland Transitionsleitlinien gibt, ist die (neuro-)orthopädische Weiterbetreuung auch bei uns häufig nicht gewährleistet. Was müsste sich in Kliniken und in der Wissensvermittlung konkret ändern? Wie die Transition in der Schweiz verläuft und welches gemeinsame Konzept am Kinderspital Zürich und an der Universitätsklinik Balgrist erfolgreich etabliert wurde, berichten Dr. Christian von Deimling, Dr. Domenic Grisch, Prof. Dr. Thomas Dreher und Dr. Madlaina Schöni im Artikel „Junge, chronisch kranke Erwachsene unbetreut?“ (© DGOU und BVOU [2025] Published by Springer Medizin Verlag Berlin [2025]. All rights reserved.).

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