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Privatdozent Dr. Dr. Tim Rolvien im Porträt


"Mich begeistert die thematische Vielfalt unserer Forschung"

Wieviel Prozent Ihrer Tätigkeit wenden Sie für Klinik bzw. Forschung auf?

Tim Rolvien: Aktuell wende ich für Klinik und Forschung jeweils circa 50 % meiner Arbeitszeit auf. Einerseits sind die beiden Bereiche oft ziemlich eng vernetzt, sodass eine genaue Trennung nicht möglich ist. Im Rahmen der Facharztausbildung habe ich zuletzt auch Phasen durchlaufen, in denen allein die klinische Tätigkeit fast meine ganze Arbeitszeit eingenommen hat. In diesen Phasen habe ich oft abends und am Wochenende versucht, die verschiedenen Projekte weiterzubringen.

Warum haben Sie sich dafür entschieden, wissenschaftlich tätig zu sein? Was begeistert Sie an der Forschung?

Tim Rolvien: Schon im Studium hat mich die medizinische Forschung begeistert, da sie wie keine andere Wissenschaft die Aspekte der Grundlagenforschung mit der Anwendung am Patienten so gut verknüpft. Mit der Promotion ist mir dann klar geworden, dass das wissenschaftliche Arbeiten der Schlüssel für die Weiterentwickelung der Medizin und letztlich eine optimierte Patientenversorgung ist. Vor allem waren es aber auch Persönlichkeiten und Mentoren, die mir den Weg in die Forschung geebnet haben. Besonders begeistert mich an der Forschung das projektbasierte Arbeiten, das von der Idee und Zusammenstellung einer Projektgruppe über die Durchführung und schließlich bis zur Publikation jedes Mal wieder ein spannender Prozess ist. Der erfolgreiche Abschluss von Projekten ist für mich eine extrem befriedigende Tätigkeit.

Was möchten Sie langfristig mit Ihrer Forschung erreichen? Was ist Ihr „großer Plan“?

Tim Rolvien: Durch unsere translationalen Ansätze haben wir in den letzten Jahren bereits wichtige Erkenntnisse im Bereich der Skelettbiologie, der Knochenregeneration oder auch der Arthrose gewonnen. Meine Vision ist es, durch die Integration der Expertise verschiedener Fachleute innerhalb der Orthopädie, Unfallchirurgie und Osteologie einen tatsächlichen Nutzen für unsere Patienten mit muskuloskelettalen Erkrankungen zu erreichen. Diese Vorstellung motiviert mich in meiner Tätigkeit als klinischer Forscher.

Wie können Ihrer Meinung nach mehr klinische Nachwuchswissenschaftler und -wissenschaftlerinnen zur eigenen Forschung begeistert werden?

Tim Rolvien: Mir ist durchaus bewusst, dass wir nicht alle jungen Kolleginnen und Kollegen für die Forschung begeistern können. Allerdings versuche ich meine Begeisterung für die muskuloskelettale Forschung jeden Tag aufs Neue weiterzugeben. Vor allem sollten jedoch die institutionellen Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit junge Nachwuchswissenschaftler eine Chance bekommen, ihre Begeisterung auch in eigenständigen Projekten umsetzen zu können. Beispielweise haben wir neben regelmäßigen Lab-Symposien Forschungstage eingeführt, um die Forschungstätigkeit auch in Form von zeitlichen Freiräumen zu fördern. Außerdem sind das MD/PhD-Programm und das Clinician Scientist-Programm wichtige Möglichkeiten zur individuellen Förderung und Motivation, die am UKE bereits fest verankert sind.

Welche Herausforderungen / Hindernisse mussten Sie überwinden, um Forschung zu betreiben, und was raten Sie dem wissenschaftlichen Nachwuchs?

Tim Rolvien: Sicherlich gibt es immer wieder Hindernisse, die einem bei der wissenschaftlichen Arbeit begegnen. Vor allem die Vorbereitungsphase eines Forschungsprojektes inklusive Projektanträgen, Proben-/ Patientenakquirierung oder Verfassen von Ethikanträgen verläuft häufig schleppend. Auch der Begutachtungsprozess von wissenschaftlichen Arbeiten auf dem Weg zur Publikation in Fachzeitschriften kann oft ermüdend sein. So musste ich schon mehrmals Rückschläge aufgrund abgelehnter Projektanträge oder Publikationen hinnehmen. Ich kann nur dazu raten, stets engagiert am Ball zu bleiben, sich nicht demotivieren zu lassen und die eigenen Ideen und Konzepte so selbstbewusst und transparent wie möglich zu vertreten.

Welches der von Ihnen bislang betreuten Forschungsprojekte hat Sie am meisten begeistert und warum?

Tim Rolvien: Mich motiviert vor allem die thematische Vielfalt unserer Forschung. Beispielweise hat mich unser Forschungsprojekt zur Einheilung allogener Knochentransplantate in der Revisionsendoprotheik extrem fasziniert. Hier gelang es uns, durch die Integration von Rechtsmedizin, klinischer Orthopädie, innovativer Bildgebung und Histologie, die wissenschaftliche Grundlage für eine in O und U täglich angewendete Operationstechnik zu schaffen. Begeistert haben mich vor allem auch unsere durchgeführten Projekte aus dem Bereich der translationalen Osteologie. Diesbezüglich konnten wir in einem Team aus Medizinern, Molekularbiologen und Materialwissenschaftlern zuletzt die Rolle verschiedenerer Genmutationen in der Skelettbiologie entschlüsseln. So gelang es uns bereits, einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Diagnose- und Therapiemöglichkeiten seltener Skeletterkrankungen wie der Glasknochenkrankheit zu erreichen.

Welchen Stellenwert nimmt nach Ihrer Ansicht die Forschung in O und U ein?

Tim Rolvien: Die Forschung sollte vor allem in O und U einen noch höheren als den aktuellen Stellenwert bekommen. Immerhin stellen muskuloskelettale Erkrankungen weltweit die führende Ursache von körperlichen Funktionseinschränkungen und des Verlustes an Lebensqualität dar. Obwohl wir es durch die gemeinsame Anstrengung vieler Forscher bereits geschafft haben, ein adäquates Verständnis für die Entstehung und die Therapie von Erkrankungen wie der Osteoporose oder der Arthrose zu erlangen, bedarf es an vielen Stellen noch an innovativer Forschung.

Wie vereinbaren Sie Forschung und Familie miteinander?

Tim Rolvien: Die Vereinbarkeit von Forschung und Familie ist sicherlich ein Thema, das zunehmend an Bedeutung gewinnt – und das zu Recht. Vor allem für diejenigen Kolleginnen und Kollegen, die sich täglich bemühen, Klinik und Forschung zu verknüpfen, ist Zeitmangel eines der Hauptprobleme. Dennoch definiere ich bewusst bestimmte Tage im Monat, an denen ich mal etwas früher Feierabend mache, um schöne Dinge mit der Familie zu unternehmen. Natürlich bietet auch das Homeoffice die Möglichkeit, flexibel zu sein: Dies verschafft mir etwas Freiraum, um aufgeschobene Aufgaben beispielsweise noch abends zu erledigen.

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