PresseDKOU

Professor Dr. Richard Stange im Porträt


"Die Forschung lässt mich nicht mehr los!"

Wieviel Prozent Ihrer Tätigkeit wenden Sie für Klinik bzw. Forschung auf?

Richard Stange: Meine klinisch translationale Professur bietet die Möglichkeit einer engen Verbindung von Forschung und Klinik in einem spezialisierten Gebiet. Insbesondere bei klinischen Forschungsprojekten überschneiden und ergänzen sich diese Bereiche, die formale Aufteilung ist 40% Klinik, 60% Forschung.

Warum haben Sie sich dafür entschieden, wissenschaftlich tätig zu sein? Was begeistert Sie an der Forschung?

Richard Stange: Forschung und Wissenschaft haben mich schon als Kind begeistert, im Studium bin ich dann früh über meine Promotionsarbeit in der Unfallchirurgie in Berlin in die muskuloskelettale Forschung eingestiegen und diese hat mich seitdem nicht mehr losgelassen. O und U bieten sehr viele spannende Themen, mich faszinieren vor allem die regenerativen Fähigkeiten des Muskel-Skelett-Systems, ihre zugrundeliegenden Mechanismen und zukünftigen Therapiemöglichkeiten. Gerade die Verbindung von Forschung und praktischer Patientenversorgung reizt und motiviert mich in unserem Fach besonders.

Was möchten Sie langfristig mit Ihrer Forschung erreichen? Was ist Ihr „großer Plan“?

Richard Stange: Die Regeneration muskuloskelettaler Gewebe ist eine wesentliche Bedingung für den Erhalt von Mobilität und Selbstbestimmung des Individuums, insbesondere bei einer immer älter werdenden Bevölkerung. In einer Zeit, in der aus vielfältigen Gründen die Forschung und die Patientenversorgung in der Medizin stark auseinanderdriften, ist es aus meiner Sicht wichtig, als Arzt die relevanten Fragestellungen und Probleme unseres Faches in der klinischen Versorgung zu identifizieren und wissenschaftlich zu bearbeiten, um den Patienten neu entwickelte Therapiemöglichkeiten anbieten zu können. Hierzu möchten wir mit unserer translationalen Forschung einen Beitrag leisten.

Wie können Ihrer Meinung nach mehr klinische Nachwuchswissenschaftler und -wissenschaftlerinnen zur eigenen Forschung begeistert werden?

Richard Stange: Das Fach O und U bietet vielfältige spannende Forschungsthemen für den Nachwuchs. Dieser ist in meinen Augen hochmotiviert, unsere Aufgabe ist es, ein Umfeld und Anreize zu schaffen, auch wissenschaftlich tätig sein zu können. Dazu gehören Vorbilder und Mentoren, die die Möglichkeiten aufzeigen, (auch) in der Wissenschaft Karriere zu machen und Hilfestellung leisten. Eine Verknüpfung von klinischen und grundlagenwissenschaftlichen Strukturen, wie am IMM in Münster, soll helfen, bestmögliche Bedingungen zu bieten, um Klinik und Wissenschaft zu verbinden. Zusätzlich müssen in unserem chirurgisch geprägten Fach Freiräume geschaffen werden, um kompetitive und anspruchsvolle Forschung auch durchführen zu können. Hier können strukturierte Clinician-Scientist-Programme helfen, Forschungszeiten zu schaffen, um eigene Projekte durchführen zu können.

Welche Herausforderungen / Hindernisse mussten Sie überwinden, um Forschung zu betreiben, und was raten Sie dem wissenschaftlichen Nachwuchs?

Richard Stange: Die größte Herausforderung ist, als klinisch tätiger Forscher und Chirurg beides miteinander zu verbinden. Irgendwann kommt im Laufe der Karriere in der Regel immer der Punkt, wo man versucht ist, das eine zugunsten des anderen aufzugeben. Hier weiterzumachen und sich seine Begeisterung für beide Anteile zu erhalten, ist nicht immer einfach. Dabei helfen ein konstruktives Arbeitsumfeld, zum Beispiel im Rahmen einer eigenen Arbeitsgruppe, und Mentoren, klinische wie wissenschaftliche, die einen unterstützen und bestärken.

Mein Rat ist daher: Wenn Sie Lust auf Forschung haben, suchen Sie sich ein Gebiet, für das Sie brennen und gehen Sie Ihren Weg, glauben Sie an sich, suchen Sie sich ein Arbeitsumfeld, das Sie unterstützt, und Mentoren, die Sie fördern und lassen Sie sich auch von Rückschlägen und Schwierigkeiten nicht entmutigen!

Welches der von Ihnen bislang betreuten Forschungsprojekte hat Sie am meisten begeistert und warum?

Richard Stange: Wenn man als klinischer Forscher erleben darf, wie aus der ersten Idee und grundlagewissenschaftlichen Versuchen irgendwann Verfahren oder Therapien für den Menschen entstehen, dann ist das besonders faszinierend und erfüllend. Dies konnte ich zum Beispiel in Projekten erleben, die schon im Rahmen meiner Promotion zur Stimulation der Frakturheilung begonnen wurden, oder bei Verfahren, die wir in Münster zum Monitoring und zur Therapie von Heilungsvorgängen am Knochen entwickeln.

Welchen Stellenwert nimmt nach Ihrer Ansicht die Forschung in O und U ein?

Richard Stange: Unser Fach braucht forschenden Nachwuchs, gerade zurzeit erleben wir, wie wichtig Forschung und Wissenschaftler für die Weiterentwicklung der Medizin und Gesellschaft sind. Die stetige Verbesserung von Qualität und Fortschritt der klinischen Versorgung in O und U lässt sich auf Dauer nur durch eine hochwertige Forschung realisieren. Vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung ist die muskuloskelettale Medizin heute mehr denn je gefragt, auch im Alter Mobilität und Aktivität zu erhalten. Hier sind die klinischen Nachwuchswissenschaftler an der Reihe, Antworten und Lösungen für die zukünftigen Generationen zu suchen.

Wie vereinbaren Sie Forschung und Familie miteinander?

Richard Stange: Forschung, Klinik und Privates lassen sich nur durch gutes Zeitmanagement und eine verständnisvolle Familie gut miteinander vereinbaren. Man muss aber auch darauf achten, nach Zeiten, die vielleicht intensiver der Forschung gewidmet werden müssen, bei Anträgen oder zur Fertigstellung von Artikeln, genügend Zeit für die Familie zu reservieren. Die Familie an der Arbeit teilhaben zu lassen, hat sich bei mir ebenfalls bewährt, insbesondere meine Tochter fragt immer interessiert nach, was ich gerade forsche und sie war auch schon oft mit in der Klinik und im Labor.

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