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Forschungsstandort Würzburg

Ein Ganzes – Forschung und Klinik in Würzburg

Die enge Verzahnung von Forschung und Klinik stellt einen Kernpunkt des Muskuloskelettalen Centrums Würzburg (MCW) dar. Gelebte Interdisziplinarität ist eine entscheidende Triebfeder der Aktivitäten im MCW.

Im Muskuloskelettalen Centrum Würzburg (MCW) wird der Fokus auf die krankheitsorientierte Forschung gelegt. Die erfolgt (i) in klinischen Studien direkt am Patienten, (ii) durch translationale Forschung, bei der die rasche Umsetzung in die Klinik im Vordergrund steht, oder (iii) in der Grundlagenforschung, für die direkt aus klinischen Herausforderungen neue Fragestellungen generiert werden.
Im Bereich der Grundlagenarbeiten sind die Forscher des MCW zentral an herausragenden Forschungsverbünden beteiligt. Beispielhaft genannt seien hier der SFB Transregio 225 „Biofabrikation“, in dem Zellen und Materialien im 3D-Druck verarbeitet werden, das DFG Schwerpunktprogramm „μBone“ und der Forschungsverbund FORTiTher, Tumordiagnostik für individualisierte Therapie.

Die übergeordnete Struktur des MCW wurde 2007 durch die drei Kernkliniken Orthopädie, Unfallchirurgie und Mund‑, Kiefer-, Gesichtschirurgie (MKG) auf Initiative des langjährigen Sprechers Prof. Dr. Franz Jakob gegründet. Seit April 2020 bilden Prof. Dr. Torsten Blunk und PD Dr. Marietta Herrmann das MCW-Sprecherduo. Neben den Kernkliniken sind im MCW viele weitere Kliniken des Universitätsklinikums und Lehrstühle der Universität Würzburg aus anderen Fachdisziplinen vertreten. Eine herausragende Komponente der interdisziplinären muskuloskelettalen Forschung stellt hierbei die starke Würzburger Biomaterialforschung dar. Seit 2017 ist die IZKF-Nachwuchsgruppe „Geweberegeneration für muskuloskelettale Erkrankungen“ (Leitung: PD Dr. Marietta Herrmann) ebenfalls Teil des MCW.

Die Forschung der Orthopädischen Klinik König-Ludwig-Haus (KLH; Direktor: Prof. Dr. Maximilian Rudert) ist organisiert im Bernhard-Heine-Centrum für Bewegungsforschung, einer interaktiven Plattform zwischen Grundlagenwissenschaft, translationaler Forschung und klinischer Umsetzung. Das Bernhard-Heine-Centrum wurde mithilfe einer EFRE-Förderung aufgebaut, initiiert und zunächst geleitet von Prof. Dr. Franz Jakob und Prof. Dr. Maximilian Rudert, seit Erstbesetzung des W3-Lehrstuhls Regeneration Muskuloskelettaler Gewebe im November 2021 von Prof. Dr. Denitsa Docheva.

Das KLH verfügt über eine Klinische Studieneinheit, die klinische Phase-II/-III und -IV-Studien durchführt. Schwerpunkte der klinisch ausgerichteten Forschung bilden unter anderem die Endoprothetik und Tumororthopädie (Leitung: Prof. Dr. Maximilian Rudert), die Osteologie (Leitung: Dr. Lothar Seefried) und das Knorpel-Tissue-Engineering (Leitung: Dr. Manuel Weißenberger) sowie die AG Vitamin D in der Orthopädie (Leitung: Dr. Konstantin Horas).

In der Grundlagenforschung stehen im Bereich Stammzellbiologie und Skelettmetastasen (Leitung: Prof. Dr. Regina Ebert) mesenchymale Stammzellen aus dem Knochenmark (MSC) und ihr Differenzierungspotenzial im Mittelpunkt mit einem Fokus auf der Pathophysiologie der Osteoporose. Mechanismen der Mechanotransduktion in MSC und ihr Einfluss auf die osteogene Regeneration werden untersucht. Im Kontext des Multiplen Myeloms besteht in Kooperation mit anderen onkologischen Einrichtungen des Klinikums ein Ziel in der molekularen und funktionellen Charakterisierung der Knochenmarknische von normalen versus malignen Plasmazellen und der Interaktion zwischen Knochen- und Tumorzellen. Im Zusammenhang mit der seltenen Stoffwechselerkrankung Hypophosphatasie wird der Phosphatstoffwechsel experimentell und klinisch in Zusammenarbeit mit der Universitäts-Kinderklinik erforscht.

Prof. Dr. Denitsa Docheva untersucht die Grundlagen und Zusammenhänge von Bindegewebeerkrankungen mit besonderem Fokus auf Sehnen und Bänder. Das Hauptziel besteht darin, das therapeutische Potenzial von Stammzellen auszuschöpfen, indem genetische Programme beleuchtet und spezifische Signalwege identifiziert werden, die die Zellfunktionen regulieren. Die Expertise umfasst 2D-, 3D- und verschiedene In-vivo-Modelle, zum Beispiel transgene Mäuse sowie Sehnenverletzungs- und Sehnenzelltherapiemodelle. Einen weiteren Fokus stellt die Identifizierung von altersbedingten molekularen und zellulären Veränderungen im Sehnengewebe dar. Darüber hinaus wird untersucht, wie modernste Hart- oder Gelmatrizen das Zellverhalten positiv beeinflussen können. Daher sollen in enger Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl für Funktionswerkstoffe der Medizin und Zahnheilkunde (FMZ, Leitung: Prof. Dr. Jürgen Groll) molekulare Mechanismen, die die Homöostase, Degeneration und Reparatur von Sehnengewebe steuern, mithilfe von 3D-Biofabrikationsmodellen aufgeschlüsselt werden.

Die 2017 gegründete Nachwuchsgruppe im Interdisziplinären Zentrum für Klinische Forschung (IZKF) Würzburg beschäftigt sich unter der Leitung von PD Dr. Marietta Herrmann mit grundlegenden Mechanismen der Geweberegeneration im Kontext muskuloskelettaler Erkrankungen. In enger Zusammenarbeit mit anderen Mitgliedern des MCW werden verschiedene Forschungsthemen bearbeitet, strukturell ist die Gruppe an die Orthopädie angebunden. Schwerpunkte der Forschung bilden beispielsweise der Einfluss inflammatorischer Faktoren auf MSC, die Rolle extrazellulärer Vesikel bei der Vermittlung immunmodulatorischer Effekte durch MSC und Wechselwirkungen von MSC in der Knochenmarknische im physiologischen sowie pathophysiologischen Kontext.

In der Klinik für Unfall-, Hand-, Plastische und Wiederherstellungschirurgie (Direktor: Prof. Dr. Rainer H. Meffert) liegen die Schwerpunkte der Experimentellen Forschung (Leitung: Prof. Dr. Torsten Blunk) einerseits auf dem Gebiet der Regenerativen Medizin, des Tissue Engineering und der Biofabrikation, und andererseits im Bereich der Biomechanik.

Einen Fokus der Arbeiten stellt die Knorpelregeneration mittels zellbasierter Ansätze dar. Hierbei wird untersucht, inwieweit die rationale Applikation von Biomediatoren wie Wachstumsfaktoren die Gewebequalität verbessern kann. Einen Schwerpunkt bilden innovative 3D-Biomaterialien, die als Zellträger, neben dem klassischen Tissue Engineering, speziell für die Biofabrikation, das heißt den 3D-Druck von lebenden Gewebekonstrukten, weiterentwickelt werden. Diese Arbeiten finden in enger Kooperation mit dem FMZ (s. o.) statt. Im Bereich der rekonstruktiven und plastischen Chirurgie ist das Fettgewebe-Engineering zentrales Thema, um langfristig Weichteildefekte erfolgreich rekonstruieren zu können.

Neben dem Ziel der Geweberegeneration dienen die in vitro entwickelten Gewebekonstrukte zunehmend als Modelle, um einerseits die Funktionsweise und Regenerationsfähigkeit besser zu verstehen und andererseits Erkenntnisse für die klinische Diagnostik und Therapie zu gewinnen. So werden neuartige 3D-Tumor-Stroma-Modelle mit Methoden der Biofabrikation konstruiert, in denen gezielt Zell-Zell- und Zell-Extrazellulärmatrix-Interaktionen und die Auswirkungen auf die Tumorprogression analysiert werden.

Im Bereich Frakturheilung und Muskelregeneration wird in unterschiedlichen Tiermodellen der Einfluss proangiogener Wachstumsfaktoren beobachtet (Prof. Dr. Rainer H. Meffert). Die Biomechanik wird von Prof. Dr. Stefanie Hölscher-Doht geleitet, die neu geschaffene Professur für Translationale Traumatologie und Biomechanik ist bewusst zu gleichen Teilen in der Klinik und experimentellen Forschung verankert. Hier wird insbesondere der Frage nachgegangen, wie sich unfallchirurgische Therapieoptionen auf die Knochenstabilität nach Frakturbehandlung und Stabilität von Sehnennähten auswirken. Anhand von Modellen werden Frakturen oder Sehnenrupturen generiert und mit neuen sowie etablierten operativen Techniken stabilisiert. Implantate und Knochenersatzmaterialien werden so durch neue Erkenntnisse verbessert und weiterentwickelt.

Das MCW hat Kompetenzen über den gesamten Bewegungsapparat aufgebaut und besitzt ein großes Potenzial, grundlegende und translationale Erkenntnisse zu liefern, die das Fundament für die Entwicklung neuartiger Therapieanwendungen bilden.

Neben vielen erfolgreichen Beteiligungen in unterschiedlichen DFG- und EU-Konsortien sind in den letzten Jahren die Orthopädie und Unfallchirurgie in der Forschung zusammengerückt, was sich in mehreren aktuellen Forschungsverbünden ausdrückt. Im SFB/TRR 225 „Von den Grundlagen der Biofabrikation zu funktionalen Gewebemodellen“, Sprecher: Jürgen Groll, stellvertretender Sprecher: Torsten Blunk, ist der Fachbereich wichtiger Bestandteil und mit mehreren Projekten vertreten. Der „Forschungsverbund Tumordiagnostik für individualisierte Therapie“ (FORTiTher) der Bayerischen Forschungsstiftung ist auf Initiative von O und U entstanden, mit dem Gründungssprecher Franz Jakob und aktuellem Sprecher Torsten Blunk, und umfasst Kooperationen mit diversen weiteren Kliniken.

Im BMBF-Konsortium RIABONE unter der Leitung von Marietta Herrmann, ebenfalls mit gemeinsamen Arbeiten in Orthopädie und Unfallchirurgie, werden neue therapeutische Strategien für die Rekonstruktion von Knochendefekten unter Einsatz des Reamer-Irrigator-Aspirator®(RIA)-Systems entwickelt. Im DFG-Schwerpunktprogramm „μBone“ arbeiten auch in der zweiten Förderperiode Gruppen aus der Orthopädie mit der Würzburger Onkologie eng zusammen.

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