Robert Rödl: Auf höchstem Niveau mit den Händen gestalten
Professor Dr. Robert Rödl ist Chefarzt der Abteilung für Kinderorthopädie, Deformitätenrekonstruktion und Fußchirurgie am Universitätsklinikum Münster auf dem Albert-Schweitzer-Campus.
Seit 2008 — mit Gründung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) — ist Professor Rödl Mitglied in der Fachgesellschaft. Er war bereits Präsident der Sektion Extremitätenverlängerung und ist aktuell 1. Vorsitzender der Sektion Kinderorthopädie.
Warum sind Sie Facharzt für O und U geworden?
Robert Rödl: Mit 14 Jahren wurde ich wegen eines Osteosarkoms am rechten Sprunggelenk behandelt und verlor meinen rechten Fuß. Dadurch verbrachte ich sehr viel Zeit in orthopädischen Kliniken und vor allem in orthopädischen Werkstätten. Anstatt im Warteraum zu sitzen, durfte ich oft bei den Technikern zuschauen. Dieses professionelle Basteln hat mich schon allein deswegen interessiert, weil ich selber immer gerne mit Holz gearbeitet habe. Durch dieses Erleben wurde mir klar, dass ich unbedingt Orthopäde – damals gab es noch nicht O und U – werden muss. Ein Beruf, bei dem man auf höchstem Niveau mit seinen Händen gestaltet.
Können Sie sich noch an Ihre erste orthopädische Behandlung oder operativen Eingriff erinnern?
Robert Rödl: Da meine berufliche Entscheidung früh gefallen war, habe ich bereits mein Krankenpflegepraktikum auf einer orthopädischen Station abgeleistet. Einmal durfte ich dabei auch mit in den OP-Saal. Dort wurde eine Kniespiegelung durchgeführt. Damals geschah das noch ohne Arthroskopieturm und ohne Bildschirm. Der Operateur stach mit einer dicken Nadel ins Knie, um dann die Optik, durch die man damals direkt schauen musste, einzuführen. Ich stellte mir dabei vor, wie es sich wohl anfühlt, wenn man mit so einem bleistiftdicken Teil im Knie herumfuhrwerkt. Mir wurde schlecht, es wurde dunkel und ich fiel um. Nach der Spiegelung wurde das Knie groß geöffnet. Bis dahin hatte ich mich wieder erholt und konnte dann doch noch eine offen chirurgische Knorpelglättung erleben.
Was geben Sie zukünftigen Orthopäden und Unfallchirurgen mit auf den Weg?
Robert Rödl: Sie sollten räumliches Vorstellungsvermögen haben (gibt es den Schlauchfigurentest noch?) und sowohl Begeisterung als auch Geschick für handwerkliche Tätigkeiten mitbringen. Versuchen Sie Prinzipien und Grundsätze zu verstehen, statt Klassifikationen auswendig zu lernen — dafür gibt es Apps. Es gibt immer alternative Behandlungsmöglichkeiten! Man sollte offen und mit Kreativität gedanklich die verschiedenen Alternativen für jede individuelle Therapieentscheidung durchspielen. Nur so können Vor- und Nachteile für den Patienten abgewogen und klug entschieden werden. Bestehen Sie als Berufsanfänger darauf, dass die Kollegen Sie an diesem Prozess teilhaben lassen. Die Erklärbarkeit von Entscheidungen auf Basis von grundsätzlichen Prinzipien ist der Schlüssel zum eigenverantwortlichen Handeln.
"Die Erklärbarkeit von Entscheidungen auf Basis von grundsätzlichen Prinzipien ist der Schlüssel zum eigenverantwortlichen Handeln."