Pressemitteilung der DGU

3. Notfallkonferenz der DGU: Diese Sicherheitsmaßnahmen schützen Krankenhäuser bei lebensbedrohlichen Einsatzlagen

© S. Herda / DGOU

Unfallchirurgen der zivilen Versorgung und Ärzte der Bundeswehr haben heute bei einem Pressegespräch die Sicherheitsanalyse von Krankenhäusern zum Schutz von Kliniken bei lebensbedrohlichen Einsatzlagen beleuchtet. Anlass ist die heute stattfindende 3. Notfallkonferenz der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) mit dem Titel „Sind unsere Kliniken sicher?“ an der BG Klinik in Ludwigshafen. Als sogenannte kritische Infrastruktur könnten Kliniken durch ein terroristisches Attentat oder einen Amoklauf in den Fokus eines Anschlages rücken (TerrorMANV) – wenn etwa Terroristen ganz bewusst eine Klinik angreifen. „Jedes Krankenhaus muss seine Schwachstellen kennen. Dann lassen sich Sicherheitslücken auch schon mit kleinen Maßnahmen schließen“, sagte DGU-Präsident Prof. Dr. Paul A. Grützner bei der Konferenz-Eröffnung. Militärmediziner zeigten vor den über 200 Teilnehmern auf, welche Maßnahmen auf die Sicherheitsanalyse folgen können, um den Schutz der Kliniken bei einem TerrorMANV zu erhöhen: Sicherheitsüberprüfung von Personen und Patienten, die in die Klinik kommen oder beispielsweise ein Rammschutz, um die Zufahrt zum Krankenhaus zu erschweren.

„Die sicherheitspolitischen Entwicklungen der letzten Jahre haben zu einem gesteigerten Interesse des zivilen Gesundheitswesens an den spezifischen Fähigkeiten und Erfahrungen des Sanitätsdienstes der Bundeswehr geführt, so dass es inzwischen einen sehr intensiven und vertrauensvollen Austausch gibt“, sagte Generaloberstabsarzt Dr. Ulrich Baumgärtner, Inspekteur des Sanitätsdienstes der Bundeswehr. Bereits 2016 haben die DGU und der Sanitätsdienst der Bundeswehr einen 5-Punkte-Plan zur medizinischen Versorgung der Bevölkerung im Falle eines Terrorereignisses aufgelegt. Kernstück des Plans ist der Kurs „Terror and Disaster Surgical Care“ (TDSC®), bei dem erfahrene Kliniker lernen, medizinische Herausforderungen in einer Terror -oder Amoklage zu managen. Bis heute konnten bereits über 350 Ärzte aus 10 regionalen Traumanetzwerken der Initiative TraumaNetzwerk DGU® für den Ernstfall trainiert werden.

Nun setzen beide Partner die Klinik-Sicherheit und die Bedrohung durch radiologische, chemische oder biologische Stoffe, die sogenannten „schmutzigen Bomben“, auf die Agenda: So wären Krankenhäuser frei zugängliche Institutionen, die jederzeit für jeden erreichbar sind. Somit hätten Krankenhäuser grundsätzlich keinen relevanten Schutz vor Angriffen von außen oder innen.
„Krankenhäuser müssen Konzepte entwickeln, wie sie ihre eigene Sicherheit verbessern können“, sagte Oberstarzt Prof. Dr. Benedikt Friemert, Leiter der DGU-Arbeitsgemeinschaft Einsatz-, Katastrophen- und Taktische Chirurgie (AG EKTC). Dabei sei die Gefahren- und Sicherheitsanalyse von einem Krankenhaus der erste Schritt und ein wichtiger Teil der Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz von Kliniken. Zu einer Gefahrenanalyse gehört die Prüfung der regionalen Gefahrenpotentiale, wie sie beispielsweise aufgrund von Chemieanlagen oder besonderen politischen Institutionen bestehen können. Anhand der Sicherheitsanalyse können Sicherheitslücken geschlossen werden. Zu den ersten Schritten, wie Kliniken ihre Sicherheit erhöhen können, zählen:

  • Sicherheitsüberprüfung der Personen, die in die Klinik kommen
  • Sichtung/Triage inclusive Sicherheitsüberprüfung der Verletzten muss vor die Klinik verlagert werden
  • Krankenhaus abriegeln
  • Krankenhaus von innen überwachen
  • Zufahrt zum Krankenhaus abschirmen/mit baulichem Rammschutz erschweren

Maßnahmen zum Vorgehen bei Verdacht auf die Verwendung von schmutzigen Bomben sind:

  • Patienten und Klinikpersonal auf Verschmutzung mit schädlichen Substanzen prüfen
  • Behandlung, Dekontamination und Sicherung der Klinik üben

Ein TerrorMANV ist eine logistische und medizinische Ausnahmesituation: Szenarien wie diese sind in deutschen Kliniken unüblich. Daher gibt DGU-Generalsekretär Prof. Dr. Dietmar Pennig zu bedenken: „Die Bevölkerung erwartet, dass solche Szenarien vorweg bedacht werden und dass wir auch in Ausnahmesituationen absolut handlungsfähig sind. Daher muss der Ernstfall immer wieder eintrainiert werden, um professionelles Handeln zu ermöglichen.“ Eine Krankenhaus-Notfallübung koste bis zu 100.000 Euro. „Diese Kosten können nicht von den Krankenhäusern getragen werden“, sagte Pennig. Die DGU fordert daher schon seit Jahren die Bereitstellung eines staatlichen Budgets für Notfallübungen für die Kliniken. Die hohen Kosten seien einer der Gründe, warum Notfallübungen in Deutschland bisher nicht zur Routine gehören, kritisierte Pennig.

Die BG Kliniken der gesetzlichen Unfallversicherung sehen sich jedoch in besonderer Weise der Prävention verpflichtet: So werden neben Notfallübungen auch Vorhaltungen zum Katastrophenschutz und zum MANV getroffen. Darüber hinaus verfügen einige Kliniken über besondere Kompetenzen: „Die BG Klinik Ludwigshafen hält eine besondere Einrichtung vor zur Behandlung von Unfallverletzten, die mit ionisierender Strahlung kontaminiert sind“, sagte Grützner. „Es gibt in Deutschland kaum Krankenhäuser, die so gut auf Notfallsituationen vorbereitet sind wie die BG Kliniken. Sie spielen insbesondere bei der Behandlung von Schwerbrand-, Querschnitt -, schwersten Schädel-Hirn-, Handverletzungen, kindlichen Verletzungen sowie Polytraumata auch international eine führende Rolle. Um auf besonders schwere Einsatzlagen vorbereitet zu sein, führen wir außerdem in unseren Häusern bereits jetzt regelmäßig umfangreiche Krisenübungen durch, bei denen alle Klinikbereiche einbezogen werden“, sagte Reinhard Nieper, Vorsitzender Geschäftsführer der BG Kliniken.

An der 3. Notfallkonferenz nahmen heute deutsche Spitzenvertreter der Unfallchirurgie, weiterer chirurgischer Disziplinen, der Notfallmedizin, aus Rettungs- und Sicherheitsorganisationen sowie aus Politik und der Bundeswehr teil. Neben Fachvorträgen zur Sicherheit in der Klinik berichtetn Referenten zum Umgang mit Chemieunfällen, radioaktiven Unfällen und ABC-Waffen. Zudem fanden im Rahmen der Tagungen an der BG Ludwigshafen Live-Demonstrationen von Übungen zu den Themen Behandlung im Strahlenfall, Behandlung von Chemieunfällen und eine Fahrzeugdemonstration statt.

Hintergrund:
Die Bedrohung durch den globalen Terrorismus sowie durch die zunehmende innerdeutsche extremistische Gewalt ist aktuell eine große Herausforderung, denn die Wahrscheinlichkeit terroristischer Anschläge in Deutschland nimmt zu. Ziel der Attentate in Europa ist in der Regel die zivile Bevölkerung. Unkalkulierbare Gefahrensituationen am Ort des Geschehens und schwere Verletzungsmuster wie komplexe Schuss- und Explosionsverletzungen, sowie die hohe Anzahl hochgradig lebensgefährlich verletzter Menschen an möglicherweise mehreren Orten zu verschiedenen Zeitpunkten stellen Rettungskräfte, Notärzte und die Kliniken im TraumaNetzwerk DGU® vor organisatorische, medizinische und taktisch-strategische Herausforderungen.

Gemeinsames Ziel von DGU und Sanitätsdienst der Bundeswehr ist es, die taktische/strategische und medizinische Kompetenz für die Versorgung von Terroropfern wissenschaftlich fundiert, bundesweit flächendeckend herzustellen und nachhaltig weiter zu entwickeln. Die DGU trägt mit ihrer Initiative TraumaNetzwerk DGU® und den über 600 teilnehmenden Traumazentren bereits seit 2006 dafür Sorge, dass schwerverletzte Menschen an 365 Tagen im Jahr, rund um die Uhr und flächendeckend in ganz Deutschland die bestmöglichen Überlebenschancen haben. Der Sanitätsdienst der Bundeswehr verfügt wiederum über medizinische Kompetenzen in besonderen Gefahrenlagen, wie beispielsweise der Rettung unter Beschuss und die Versorgung von Schuss- und Explosionsverletzungen. 

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