PresseDKOU
Arbeitsrecht

Corona: Antworten auf die wichtigsten arbeitsrechtlichen Fragen für Ärzte

© pixelkorn / Adobe Stock

In der Corona-Krise stellen sich auch für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den Krankenhäusern viele Fragen rund um die Behandlung von Covid-19-Erkrankten, zu Urlaub oder zu Kurzarbeit. Die Rechtsanwälte Norbert H. Müller und Marc Rumpenhorst der Kanzlei Klostermann, Schmidt, Monstadt, Eisbrecher aus Bochum haben die wichtigsten Fakten zu diesem Thema zusammengefasst.

Darf der Arbeitgeber trotz Gefahr der Infizierung mit dem Coronavirus SARS-COV 2 zur Arbeit und Patientenversorgung verpflichten?

Grundsätzlich besteht auch im Falle einer drohenden Infizierungsgefahr die Arbeitspflicht. Das bislang bestehende Risiko einer Infizierung rechtfertigt es derzeit nicht, die Arbeitsleistung zurückzuhalten.

Zurverfügungstellung von Schutzausrüstung

Grundsätzlich hat der Krankenhausträger als Arbeitgeber für jeden einzelnen Arbeitsplatz die Gefahren für die Sicherheit und Gesundheit im Rahmen der seit dem 01. Januar 2018 geltenden Gefährdungsbeurteilung zu beurteilen. Im Rahmen der Pandemieplanung sind ebenfalls weitere Maßnahmen zu ermitteln und durchzuführen.

Zur Vermeidung von Infizierungen ist der Krankenhausträger zudem den Ärzten und nicht-ärztlichen Mitarbeitern gegebenenfalls verpflichtet, angemessene persönliche Schutzausrüstung zur Verfügung zu stellen. Hierzu gehören insbesondere Schutzhandschuhe sowie Atemmasken, zumindest Mundschutz – auch für die Patienten zum Schutz der Mitarbeiter. Ohne entsprechende Ausrüstung ist die Behandlung von Patienten derzeit nicht zumutbar und deshalb von den Mitarbeitern auch nicht zu erbringen. Der Träger sollte unter Hinweis auf seine Fürsorge- und Arbeitssicherheitspflichten sowie unter Androhung der Zurückhaltung der Arbeitsleistung bei Lohnfortzahlung aufgefordert werden, angemessene Schutzausrüstung zur Verfügung zu stellen.

Der ad-hoc-Arbeitskreis "COVID-19" des Ausschusses für Biologische Arbeitsstoffe (ABAS) hat zum Umgang mit Schutzausrüstung im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) ein Informationspapier erarbeitet.

Behandlung von COVID-19-Erkrankten

Auch zur Behandlung von COVID-19-Erkrankten kann jeder Arzt des Krankenhauses herangezogen werden. Primär sind natürlich die diese Patienten versorgenden Fachrichtungen der Anästhesie und der Inneren Medizin, im Notfall jedoch auch Ärzte anderer Fachrichtungen zuständig. Bei der Personalplanung und -einteilung müsste der Krankenhausträger im Rahmen seines ihm zustehenden Auswahlermessens besondere Fürsorge gegenüber Mitarbeitern, die vorerkrankt sind und somit zu besonderen Risikogruppen schwerer Krankheitsverläufe im Falle der Infizierung gehören, walten lassen und diese gegebenenfalls vorrangig anderweitig einsetzen.

Einsatz von Medizinstudenten

Je nach Bundesland ist der Einsatz von Medizinstudenten während der in einem Krankenhaus absolvierten Ausbildungszeiten im Rahmen des Praktischen Jahres (PJ) in Notfallaufnahmen, Infektions- und Intensivstationen möglich. (Für Nordrhein-Westphalen gibt es hierfür einen Erlass)

Urlaub

Grundsätzlich ist bereits genehmigter Erholungsurlaub zu gewähren. In besonderen unvorhersehbaren Ausnahme- und Notfällen kann der Krankenhausträger berechtigt sein, bereits gewährten Urlaub zu widerrufen. Entsteht im Zuge der Coronakrise ein gravierender Personalmangel im Krankenhaus, dürfte der Widerruf bereits genehmigten Urlaubs – bei Erstattung etwaig angefallener Kosten – gerechtfertigt sein. Umgekehrt dürfte auch die Anordnung einer Urlaubssperre derzeit, sofern sie dann auch für alle Angestellten einer bestimmten Berufsgruppe gilt, gerechtfertigt sein.

Unterbeschäftigung

Durch die Vorhaltung von Betten für COVID-19-Erkrankte und die hierzu notwendige Verschiebung und Aussetzung von elektiven Aufnahmen, Operationen und Eingriffen sind einige Krankenhäuser und/oder Abteilungen derzeit kaum ausgelastet bzw. unterbelegt. Reduziert der Arbeitgeber die Arbeitszeit z.B. durch Einführung von tageweisen Wechsel- Schichtmodellen, bleibt der Vergütungsanspruch unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs in voller Höhe bestehen, solange keine Kurzarbeit auf Grundlage tariflicher Vorschriften oder einer Betriebsvereinbarung angeordnet oder im Übrigen vereinbart wird.

Anordnung zum Überstundenabbau

Soweit die Auslastungen der Krankenhäuser durch Verschiebung oder Aussetzung elektiver Behandlungen und Operationen zurückgegangen sind, kann der Krankenhausträger in Ausübung des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts grundsätzlich Freizeitausgleich zum Abbau von Überstunden anordnen. Etwas anderes gilt dann, wenn ein bereits genehmigter Dienstplan vorliegt. Insofern besteht ein Anspruch auf Beschäftigung und Vergütung, so dass eine „Verrechnung“ mit aufgebauten Überstunden nicht zulässig ist. Hier sind zudem die kollektivrechtlichen Mitwirkungsrechte des Betriebsrats bzw. der Mitarbeitervertretung zu beachten.

Quarantäne

Im Falle einer nach dem Infektionsschutzgesetz angeordneten Quarantäne eines Mitarbeiters, der als Ansteckungsverdächtiger auf Anordnung des zuständigen Gesundheitsamtes isoliert wird, wird eine Entschädigung nach § 56 Infektionsschutzgesetz für die Dauer von 6 Wochen in Höhe des Nettolohns vom Arbeitgeber und ab der 7. Woche gesetzliches Krankengeld gezahlt.

Erkrankung/Arbeitsunfähigkeit

Im Falle der Erkrankung und bestehender Arbeitsunfähigkeit erhält der Mitarbeiter Entgelt nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz für die Dauer von 6 Wochen und anschließend Krankengeld, gegebenenfalls zuzüglich des tarifvertraglich vorgesehenen Krankengeldzuschuss zum Ausgleich der Differenz zwischen dem Krankengeld und dem Nettoentgelt.

Kurzarbeit

Die Einführung von Kurzarbeit bedarf grundsätzlich der Zustimmung des einzelnen Mitarbeiters sowie das Betriebsrats. Voraussetzung für das Kurzarbeitergeld ist, dass mindestens 30 Prozent der Beschäftigten vom Arbeitsausfall betroffen sind. Mit dem Gesetz zu befristeten krisenbedingten Verbesserung der Regelungen für das Kurzarbeitergeld im Zuge der Coronakrise vom 13. März 2020 genügt es, dass 10 Prozent der Beschäftigten vom Arbeitsausfall betroffen sind. Das Kurzarbeitergeld beläuft sich auf 60 Prozent des Nettoentgelts bzw.  67 Prozent des Nettoentgelts bei mindestens einem unterhaltspflichtigen Kind bezogen auf die durchschnittliche Vergütung, maximal die Beitragsbemessungsgrenze in Höhe von 4.687,50 EUR brutto. Insofern sollte vor Vereinbarung von Kurzarbeit Rechtsrat eingeholt werden.

  • Mitglied werden Mitglied werden
  • Kontakt Kontakt