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Marie Samland: Fühle mich als "weiblicher Chirurg" pudelwohl

Dr. Marie Samland ist Ärztin im 2. Weiterbildungsjahr an der Klinik für Orthopädie, Unfallchirurgie und Plastische Chirurgie des Universitätsklinikum Leipzig. Bereits seit 2016 engagiert sie sich im Jungen Forum O und U der DGOU sowie des Berufsverbandes für Orthopädie und Unfallchirurgie (BVOU). Zunächst war die gebürtige Berlinerin dort als YOUngster vertreten und übernahm 2018 die Leitungsposition in der Sektion Öffentlichkeitsarbeit. Sie ist unter anderem für den Online-Auftritt verantwortlich und wirkte an der Konzeption der neuen Website mit. Zudem engagiert sie sich bei der Erarbeitung eines Positionspapiers in der Sektion Familisierung des Jungen Forums O und U.

Die junge Wissenschaftlerin ist mit viel Enthusiasmus dabei, den medizinischen Nachwuchs für das Fach Orthopädie und Unfallchirurgie zu begeistern und steht sowohl Kollegen als auch Studierenden als Ansprechpartnerin für Fragen rund um die Lehre zu O und U zur Verfügung.

Warum möchten Sie Fachärztin für O und U werden?

Marie Samland: Das Schöne und Aufregende im Alltag eines Orthopäden und Unfallchirurgen ist, dass man stets mit seinen Händen arbeiten kann. Viele Fachdisziplinen haben sich weit vom täglichen Umgang mit Menschen entfernt, teilweise ist gar kein Körperkontakt mehr notwendig. Das ist in O und U zum Glück nicht der Fall. Die klinische Untersuchung ist hier oft sogar ganz entscheidend, um eine gute Diagnose zu stellen – ein großes Plus und Argument für diese Fachrichtung. Schön und erfüllend ist der Umgang mit Patienten, die viele Jahre Schmerzen leiden mussten und nach der Operation mit neuer Lebensqualität in den Alltag zurückkehren. Kurz gesagt: In O und U hat man es nur selten mit Tod und Sterben zu tun, sondern vielmehr mit erfüllenden Erfolgserlebnissen, Dankbarkeit und Wertschätzung, die seitens der Patienten entgegen gebracht werden.

Auch beschränkt sich das Fach nicht nur auf ein bestimmtes Lebensjahrzehnt – muskuloskeletale Erkrankungen betreffen Patienten in jedem Lebensalter. Und auch die Berufsaussichten im Fach O und U sind besser denn je! In Zeiten demografischen Wandels und des damit verbundene Anstiegs von unter anderem osteoporoseassoziierten Frakturen, herausfordernden Infektionsverläufen mit resistenten Keimen und Gelenkersatz-Implantationen lassen den Bedarf an Fachärzten die kommenden Jahre immer weiter steigen.

Im Bereich der Forschung tut sich im Fach O und U ebenfalls viel: Innovative computerassistierte Chirurgie und intelligente Assistenzsysteme erhalten nach und nach Einzug in den Operationssaal. Spannend ist das Feld der stammzellbasierten Knorpelersatz- und Regenerationsverfahren bei geschädigtem Gelenkknorpel oder für Zellen des Stütz- und Bewegungsapparates. Auch auf dem Gebiet der Arthrose wurden signifikante Forschungsfortschritte erzielt. Die autologe Chondrozytentransplantation hat als genbasierter Ansatz bereits in den klinischen Alltag Einzug gehalten. Dem Tissue Engineering, gerade im muskuloskeletalen Bereich, wird nachgesagt, der Zukunfsjob schlechthin dieses Jahrzehnts zu sein!

Und mit dem fertigen Facharzt für O und U in der Tasche stehen einem alle Wege offen: Zum Beispiel die Weiterspezialisierung in einem Haus der Maximalversorgung mit Aufstiegschancen zum Oberarzt sowie der Durchführung anspruchsvoller Operationen. Aber auch der Weg in die Niederlassung mit der langjährigen Betreuung von Patienten ist ebenfalls verlockend: Hier ließe sich das konservative Spektrum der O und U ausleben.

Und was ist mit der Work-Life-Balance?

Marie Samland: Die steckt zugegebenermaßen noch in den Kinderschuhen. Das Zugeben von Schwäche ist nicht gerade Inbegriff des „alten Chirurgen“, der klassischerweise 40 Stunden die Wochen durchoperierte und dann noch einen flotten Spruch auf den Lippen hatte. Aber hier besteht Hoffnung: Wir, die jungen Kollegen, haben bereits erkannt, dass auch Ärzte nur Menschen sind; auch wir sind einmal krank und brauchen eine Pause. Insofern begrüße ich den beginnenden Wandel hin zu einer guten Work-Life-Balance. Hier engagiere ich mich gern im Jungen Forum O und U nach Kräften mit, um die Realisierung und Umsetzung einer Work-Life-Balance aktiv mitzugestalten.

Hat man es als Frau in der Chirurgie schwerer?

Marie Samland: Auch im OP ist es längst widerlegt, dass die Männer den Frauen in irgendeiner Weise überlegen sind. Ganz abgesehen davon fühle ich mich in meiner Rolle als „weiblicher Chirurg“ pudelwohl und lebe es auch. Gerade erst erinnere ich mich an die Übergabe eines Kollegen älteren Semesters aus dem Rettungsdienst. Er brachte mir einen Patienten in die Notaufnahme. Demonstrativ sah er an mir vorbei und fragte, wo der Chirurg sei. Ich blickte ihn vielsagend an und sagte bestimmt: „Ich bin doch da, einen anderen Chirurgen kriegen Sie gerade nicht.“ Den Blick werde ich nie vergessen!

Was sollte man für das Fach O und U mitbringen?

Marie Samland: Die Freude an der Arbeit mit Menschen ist wichtig, außerdem die Fähigkeit über den Tellerrand zu schauen sowie analytisches Denken zur genauen Analyse der Vorerkrankungen des Patienten und der Ergebnisse der körperlichen Untersuchung und bildgebenden Diagnostik. Die eigene körperliche Fitness ist Grundvoraussetzung für den doch häufig stressigen Job. Neben der körperlichen Belastung sollte man auch physisch belastbar und stressresistent sein. Und eine gesunde Portion Selbstbewusstsein und Durchhaltevermögen kann auch nicht schaden. In der Notaufnahme kann man in Gänze O und U erleben: Während die internistischen Kollegen ellenlange Befundtexte schreiben, genieße ich es, größtenteils handwerklich unterwegs zu sein: Die luxierte Schulter zu reponieren, die Kopfplatzwunde zu versorgen oder die OSG-Luxationsfraktur zu gipsen. Es kann kaum etwas Befriedigenderes geben als mit den Händen zu arbeiten und zum Ende eines Tages zu wissen, was man geleistet hat.

Ist neben dem Beruf auch ein Leben mit Familie umsetzbar?

Marie Samland: Wenn einen beides glücklich macht, die operative Tätigkeit und die Familie, dann sollte man auch beides miteinander vereinbaren. Tatsächlich lässt mich meine Erfahrung mit meinen drei Kindern zu Hause oft auch im größten Chaos in der Notaufnahme einen kühlen Kopf bewahren. Ich finde es stark, dass sich auch immer mehr männliche Kollegen trauen, Elternzeit oder gar das Arbeiten in Teilzeit einzufordern und durchzusetzen. Weiter so!

Was geben Sie zukünftigen Orthopäden und Unfallchirurgen mit auf den Weg?

Marie Samland: Man sollte wissen, dass die beruflichen Anforderungen und der unfallchirurgische Alltag hart sind, aber viele Erfolgsmomente und die Freude über jede gelungene Operation dies wettmachen!

"In O und U hat man es nur sehr selten mit Tod und Sterben zu tun, sondern vielmehr mit erfüllenden Erfolgserlebnissen, Dankbarkeit und Wertschätzung, die seitens der Patienten entgegen gebracht werden."

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