Pressemitteilung der DGOU

Kreuzbandverletzungen: Frauen sind häufiger betroffen als Männer

Zum Thema Kreuzbandverletzung: Fußballspielerin schießt Ball
© Joe / Adobe Stock

Einige Spielerinnen können aufgrund eines Kreuzbandrisses nicht an der Fußball-Weltmeisterschaft der Frauen teilnehmen. Diese findet vom 20. Juli bis zum 20. August 2023 in Australien und Neuseeland statt. Von einer Kreuzbandriss-Plage berichten Medien derzeit im Vorfeld des Ereignisses. Über Häufigkeit, Prävention, Ursachen und Versorgung von Kreuzbandverletzungen klären die Experten der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) auf. Für alle Hobby-Fußballer und -Fußballerinnen hält die DGOU im Rahmen ihres Aufklärungsprogramms „no trauma in sport“ (notis) Tipps zur Prävention von Verletzungen im Fußballsport bereit. „Belastungssteuerung, professionelle Betreuung der Spielerinnen und Spieler oder Sicherung der Sporttauglichkeit fehlen im Amateurfußball. Daher ist die Stärkung der Prävention von Verletzungen auch im Freizeitsport ein wichtiges Anliegen von uns Orthopäden und Unfallchirurgen“, sagt DGOU-Präsident Prof. Dr. Maximilian Rudert. „Für die bevorstehenden Spiele wünschen wir allen Sportlerinnen starke Bänder und unfallfreies Spielen in Spitzenform. Wir drücken die Daumen für die deutsche Mannschaft“, sagt Prof. Dr. Steffen Ruchholtz, stellvertretender DGOU-Präsident.

Expertenwissen der DGOU zu Ursachen, Versorgung und zur Prävention von Kreuzbandverletzungen bei Frauen

Prof. Dr. Thomas Tischer, Leiter der DGOU-Sektion Gesellschaft für Orthopädisch-Traumatologische Sportmedizin (GOTS) zum Thema Häufigkeit
„Der Kreuzbandriss ist besonders unter Frauen weit verbreitet, denn Frauen haben ein mindestens zweimal höheres Verletzungsrisiko für schwere Knieverletzungen als Männer im Fußballsport, unabhängig vom Leistungsniveau. Ein erhöhtes Risiko für das Erleiden eines Kreuzbandrisses bei Frauen besteht sowohl im Spitzen- als auch im Freizeitsport, die prinzipiellen Verletzungsmechanismen sind dabei gleich. Im Profifußball sind die Athletinnen oftmals besser trainiert, haben aber auch mehr Trainings- und Wettkampfzeit, in der sie sich verletzen können. Demgegenüber ist die mögliche Verletzungszeit beim Freizeitfußball deutlich geringer, die Sportlerinnen sind aber auch weniger trainiert und somit prinzipiell verletzungsanfälliger. Besonders anfällig sind Mädchen und jüngere Frauen unter 19 Jahren. Knieverletzungen und insbesondere Kreuzbandverletzungen führen zu längeren Ausfallszeiten und stellen einen Risikofaktor für den späteren Gelenkverschleiß dar.“

Prof. Dr. Rüdiger von Eisenhart-Rothe,Leiter der DGOU-Sektion Deutsche Kniegesellschaft zum Thema Prävention
„Die Prävention von Knieverletzungen ist von großer Bedeutung. Neuere Studien zeigen, dass dabei ein Großteil der Kreuzbandrupturen vermieden werden kann, insbesondere der Nicht-Kontakt-Verletzungen bei Frauen. Neuromuskuläres Training, welches Kraft, Schnellkraft, Balance und Koordination fördert, kann das Risiko für das Erleiden einer schweren Knieverletzung senken. In den letzten zwei Jahrzehnten haben sich verschiedene Präventionsprogramme zur Reduzierung des Verletzungsrisiko etabliert. Hierzu zählen FIFA11+ und STOP-X, das Präventionsprogramm der Deutschen Kniegesellschaft. Diese neuromuskulären Trainingsübungen sollen das sportspezifische Training ergänzen und im Idealfall in das reguläre Aufwärmtraining integriert werden. Die prinzipielle Wirksamkeit von Präventionsprogrammen im Fußball, sowohl bei Männern als auch bei Frauen und Kindern, ist inzwischen gut belegt. Bei regelmäßiger Durchführung der Trainingsinhalte kann das Verletzungsrisiko um bis zu 35 Prozent reduziert werden.“

Prof. Dr. Philipp Niemeyer, Leiter der DGOU-Sektion  AGA – Gesellschaft für Arthroskopie und Gelenkchirurgie zum Thema Ursachen
„Anatomische Unterschiede, hormonelle Faktoren, biomechanische Faktoren sowie Unterschiede in der Bewegungsmechanik und im Sportverhalten führen dazu, dass Frauen ein höheres Risiko für Kreuzbandverletzungen aufweisen. Knieverletzungen entstehen, wenn Ober- und Unterschenkel gegeneinander verdreht werden. Videoanalysen aus dem Fußball haben ergeben, dass Knieverletzungen überwiegend in sogenannten „Nicht-Kontakt-Situationen“ auftreten. Das bedeutet, dass das Knie meistens nicht durch den Gegenspieler verletzt wird. Oft treten Knieverletzungen beim Landen eines Sprunges oder bei plötzlichen Drehbewegungen auf. Das Knie ist nach innen geknickt und es entsteht ein X-Bein. Der Fuß ist flach aufgesetzt und nach außen gedreht. Gerade die dynamische X-Bein-Position ist eine häufige Ursache für Nicht-Kontakt-Kreuzbandverletzungen und kann durch präventives Training positiv beeinflusst werden.“

Prof. Dr. Thomas Tischer, Leiter der DGOU-Sektion Gesellschaft für Orthopädisch-Traumatologische Sportmedizin (GOTS) zum Thema Versorgung
„Ein Kreuzbandriss wird bei jungen, aktiven Menschen in der Regel operativ versorgt. Dazu wird eine Sehne aus dem verletzen Kniegelenk entnommen und exakt im Verlauf des ursprünglichen Kreuzbandes minimal invasiv (arthroskopisch) verankert. Die Heilung gliedert sich in verschiedene Phasen: Bürotätigkeit kann dabei nach relativ kurzer Zeit wieder aufgenommen werden, die Rückkehr zu kniebelastenden Sportarten beträgt dagegen mehrere Monate - im Profifußball mindestens 7 bis 8 Monate, im Freizeitsport eher 12 Monate."

Referenzen:

  1. notis - Aufklärungskampagne für Prävention von Verletzungen
  2. Stop X - Programm zur Prävention von Sportverletzungen am Kniegelenk
  3. Fachinformationen zur Verletzungsprävention
  4. DKG-Komitee Ligamentverletzungen: Dr. Natalie Mengis und Prof. Thomas Pfeiffer
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