„Wir beobachten in der Praxis zunehmend Verletzungsmuster, die auf zu intensive Sporteinheiten ohne ausreichende Erholung für Knochen, Gelenke und Muskulatur zurückzuführen sind“, betont Prof. Dr. Romain Seil, Präsident der Gesellschaft für Orthopädisch-Traumatologische Sportmedizin (GOTS). Der orthopädische Chirurg aus Luxemburg warnt vor zu langanhaltendem und einseitigem Übertraining, das den kindlichen Halte- und Bewegungsapparat dauerhaft schädigen kann.
Eine Schwachstelle im Knochenbau von Kindern und Jugendlichen ist die Wachstumsfuge (Epiphysenfuge). Sie schließt sich bei Mädchen meist zum 14. oder 15., und bei Jungen etwa zum 16. Lebensjahr, nachdem das Knochenwachstum abgeschlossen ist. Akute Verletzungen, aber auch chronische Überbelastungen, die zu mikrotraumatischen – für das Auge nicht sichtbaren – Verletzungen führen, können Schäden an den Wachstumsfugen verursachen. „Insbesondere eine gelenknahe oder auch das Gelenk direkt betreffenden Verletzung, bei der die Wachstumsfuge beteiligt ist, kann dann eine Fehlstellung nach sich ziehen.“, sagt Seil. Als Beispiel nennt er O-Beine von Fußballern, die in ihrer Jugend zu intensiv trainiert haben1. Je nach Ausprägung könne dies auch Spätschäden wie Arthrose zur Folge haben.
Insbesondere bei Sportarten mit erhöhten Überlastungsrisiko an Knochen und Gelenken, wie dem Kunstturnen oder Tennis, aber auch Kontaktsportarten wie Judo, sind Überlastungsschäden häufiger als akute Verletzungen. Kinder im Leistungssport sind öfter betroffen, doch auch im Breitensport ist es ratsam, Sport in Maßen zu betrieben. „Kinder sollten wöchentlich mindestens zwei Ruhetage einhalten und höchstens drei bis vier Stunden am Tag trainieren“, sagt Prof. Dr. Thomas Tischer, Leiter Sektion Sportorthopädie an der Orthopädischen Klinik, Universitätsmedizin Rostock. „Dabei ist es wichtig, das Training altersgerecht, abwechslungsreich und mit ausreichend Aufwärm- und Ruhezeiten zu gestalten.“
Prävention, Behandlung und Rehabilitation von verletzten Sportlern würde im Leistungs- aber auch im Breitensport zu sehr vernachlässigt wird. Sie sollten konsequenter in das Sportprogramm aufgenommen werden, um eine gesunde sportliche Entwicklung zu fördern und den jungen Sportlern ein gesundes und schmerzfreies Leben mit und nach dem Sport zu ermöglichen, sagen die Experten. Hat das Kind Beschwerden, sollten sich Eltern umgehend an einen Sportorthopäden wenden, sagt auch Dr. Thomas Möller, Kongresspräsident des DKOU aus Speyer.
Quellen: