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Lesetipp

Wie sinnvoll sind Zertifizierungen in der Medizin?

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Wozu dienen Zertifizierungen? Wer entscheidet über die Vergabe? Zu diesen und weiteren Fragen hatte die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) im Mai zu einem Workshop eingeladen. Vertreter der DGOU, der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC) sowie der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) diskutierten dabei unter anderem über die Mindestanforderungen verschiedener Zertifikatsanbieter. In der aktuellen Ausgabe der Mitgliederzeitschrift OUMN ist hierzu jetzt der Artikel „Zertifizierung als Zumutung und als Chance“ erschienen.

Prof. Dr. Reinhard Hoffmann, Generalsekretär der DGOU, eröffnete den Workshop „Bestandsaufnahme, Evaluation und Zukunftsfähigkeit der Zertifizierungen in O und U“ mit seinem Vortrag „Zertifizitis – Wie viel Zertifizierung ist akzeptabel, was ist sinnvoll, was ist finanzierbar?“. Er machte darauf aufmerksam, dass der Zertifizierungstrend ungebrochen sei. Als Motive nannte Hoffmann den Willen vieler Kliniken und Mediziner, die Qualität ihrer Arbeit zu steigern, aber auch den ökonomischen Wettbewerb von Einrichtungen untereinander. Allerdings sei bisher nicht empirisch belegt, dass die Versorgungsqualität in Folge von Zertifizierungen steigt oder es einen wachsenden Zulauf von Patienten gibt.

Thema war auch das Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG), das Anfang des Jahres seine Arbeit aufgenommen hat. Hoffmann empfiehlt, sich auf die künftige Prüfung des Instituts frühzeitig vorzubereiten. Zudem müsse bei der Zertifizierung Folgendes beachtet werden:

  • Die zertifizierende Stelle sollte unabhängig von Entscheidungen und Weisungen der Fachgesellschaft sein.
  • Die zertifizierende Stelle sollte bei der Deutschen Akkreditierungsstelle GmbH (DAkkS) akkreditiert sein.
  • Leidet die Behandlungsqualität trotz eines Zertifikats, sollte ein Peer-Review mit den Fachgesellschaften erfolgen.

Dr. Albrecht Wienke, Rechtsanwalt und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Medizinrecht (DGMR), stellte in seinem Referat die Frage „Ist zertifizierte Qualität wirklich bessere Qualität?“. Zudem wies er auf die Auswirkungen von Krankenhauszertifikaten auf Haftungsrisiken und Patientensicherheit hin. Wienke schloss sich Hoffmann an: Die Zertifizierungsstelle müsse wirtschaftlich unabhängig, transparent und unparteilich handeln. Damit Zertifikate rechtssicher sind, sollte bei Zertifikaten aus medizinrechtlicher Sicht unter anderem Folgendes beachtet werden:

  • Die Zertifizierung muss allen offenstehen und darf nicht an die Mitgliedschaft in einer Institution gebunden sein.
  • Die Zertifizierung sollte der Qualitätssicherung und nicht allein der Wettbewerbsbeschränkung dienen.

Die Experten waren sich einig, dass eine Zertifizierung in Kliniken viele Ressourcen in Anspruch nimmt. Um den Aufwand möglichst gering zu halten, könnten Zertifizierungen beispielsweise modular aufgebaut sein oder neue Zertifizierungen an bereits bestehende anknüpfen – so die Empfehlung der Experten. Der OUMN-Artikel „Zertifizierung als Zumutung und als Chance“ schließt mit einer Übersicht zu bereits bestehenden Zertifizierungen, den zertifizierenden Stellen und der Anzahl bereits vergebener Zertifikate.

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